Bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen stehen nicht nur emotionale, sondern auch komplexe rechtliche und steuerliche Fragen im Vordergrund. Besonders vermögende Familien sind gut beraten, frühzeitig Expertenrat einzuholen, um das Vermögen effizient und fair weiterzugeben. Lassen Sie uns anhand eines Fallbeispiels einige wichtige Aspekte beleuchten.
Der Fall: Schenkung, Erbe und Pflichtteil
Ausgangssituation:
Eine Mutter hat zwei Kinder (einen Sohn und eine Tochter). Zwei Jahre vor ihrem Tod schenkt sie dem Sohn 20.000 Euro. Zudem erhält ihr Enkel (der Sohn des Sohnes) 10.000 Euro als Schenkung. Beim Tod der Mutter beträgt das Barvermögen 100.000 Euro. Die Tochter verzichtet vorab auf einen Ersatzanspruch gegenüber dem Bruder. Es wurde kein Testament erstellt, sodass die gesetzliche Erbfolge greift.
1. Wer erbt wie viel?
Da die Mutter kein Testament hinterlassen hat, teilen sich die Kinder das Erbe zu gleichen Teilen:
– Der gesetzliche Erbteil beträgt je 50 % des Nachlasses, also 50.000 Euro pro Kind.
2. Schenkungen und Pflichtteilsergänzung
Laut Gesetz sind Schenkungen, die innerhalb von 10 Jahren vor dem Tod gemacht wurden, pflichtteilsergänzungsfähig (§ 2325 BGB). Hier sind zwei Schenkungen relevant:
– 20.000 Euro an den Sohn
– 10.000 Euro an den Enkel (Abkömmling der Mutter)
Der fiktive Nachlasswert errechnet sich wie folgt:
– Barvermögen: 100.000 Euro
– Hinzurechnung der Schenkungen: 20.000 Euro + 10.000 Euro
– Fiktiver Nachlasswert: 130.000 Euro
Die Tochter hat einen Pflichtteilsanspruch von 25 % des fiktiven Nachlasswerts:
– 130.000 Euro × 25 % = 32.500 Euro
Sollte ihr gesetzlicher Erbteil (50.000 Euro) unter diesem Pflichtteilsanspruch liegen, könnte sie eine Ergänzung verlangen.
3. Einfluss des Verzichts
Falls die Tochter auf Ersatzansprüche verzichtet hat, könnte dies dazu führen, dass sie weder die Schenkungen an den Sohn noch an den Enkel anfechten kann. Dies wirkt sich jedoch nicht auf ihren gesetzlichen Erbanspruch aus, es sei denn, der Verzicht wurde notariell auf das gesamte Erbrecht ausgeweitet (§ 2348 BGB).
Steuerliche Betrachtung
Schenkungssteuer
– Der Freibetrag für Kinder beträgt 400.000 Euro pro Elternteil (§ 16 ErbStG). Die Schenkung von 20.000 Euro an den Sohn sowie die 10.000 Euro an den Enkel bleiben steuerfrei.
Erbschaftsteuer
– Auch hier greift der Freibetrag von 400.000 Euro. Da der Nachlass lediglich 100.000 Euro beträgt, fällt keine Erbschaftsteuer an.
Strategien zur Optimierung
1. Frühzeitige Schenkungen: Durch gezielte Schenkungen können Freibeträge mehrfach genutzt werden. Beispielsweise können Großeltern alle 10 Jahre bis zu 400.000 Euro steuerfrei an Kinder und bis zu 200.000 Euro steuerfrei an Enkelkinder übertragen.
2. Verzicht gezielt regeln: Wenn ein Kind auf Ersatz- oder Pflichtteilsansprüche verzichten soll, sollte dies eindeutig und notariell festgehalten werden. So lassen sich spätere Streitigkeiten vermeiden.
3. Testament und Vorsorge: Ein maßgeschneidertes Testament kann sicherstellen, dass der Nachlass Ihren Wünschen entspricht und Streitigkeiten innerhalb der Familie vermieden werden.
4. Familienstiftungen nutzen: Für vermögende Familien kann die Gründung einer Familienstiftung eine attraktive Möglichkeit sein, Vermögen langfristig zu sichern und Steuervorteile zu nutzen.
Fazit: Professionelle Beratung zahlt sich aus
Die Beispiele zeigen, wie komplex die Wechselwirkungen zwischen Erbrecht und Steuerrecht sind. Ohne fundierte Beratung können leicht Fehler passieren, die zu ungewollten finanziellen Nachteilen führen.
Mit unserer Expertise im Erb- und Steuerrecht entwickeln wir für Sie maßgeschneiderte Lösungen, um Ihr Vermögen optimal weiterzugeben. Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Erstgespräch – wir zeigen Ihnen Ihre individuellen Gestaltungsmöglichkeiten auf.