Kosten, die vor dem Kauf einer Immobilie anfallen – Betrachtung von Ausgaben für die Fertigstellung unmittelbar nach dem Erwerb.
Die Finanzverwaltung achtet sorgfältig auf die genaue Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Deshalb sollten Sie für Ihre Mandanten stets auf eine eindeutige Umschreibung in den gesetzlichen Vorschriften beharren. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs bestätigt diese Auffassung und ermöglicht ein wichtiges Gestaltungspotential im Bereich Anschaffungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes.
Richtlinien für die Abschätzung der Kosten bei Anschaffungen
Wenn ein Mandant ein Gebäude erwirbt, das er vermieten möchte, prüft das Finanzamt in den ersten drei Jahren nach dem Kauf, ob die Aufwendungen für Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten 15 % der Anschaffungskosten übersteigen. Wenn dies der Fall ist, können die Kosten nicht als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt werden, sondern als anschaffungsnahe Herstellungskosten, die sich nur im Rahmen der Gebäudeabschreibung steuerlich auswirken (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Eine Frage, die sich in der Praxis bisher stellte, war ob auch Instandhaltungs- und Modernisierungskosten in die Bemessungsgrundlage zur Prüfung der 15 %-Grenze einbezogen werden dürfen, die vor dem Kauf der Immobilie angefallen sind.
Keine Kosten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb einer Sache stehen, werden vor deren Anschaffung geltend gemacht
Durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs wurden Instandhaltungs- und Modernisierungskosten, die vor dem Erwerb eines Gebäudes anfielen, als vorweggenommene Werbungskosten aus der Vermietung und Verpachtung eingestuft, was nicht als Aufwendungen innerhalb der 15%-Grenze gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes gilt. Diese Praxisfrage ist somit beantwortet.
Die begründete Entscheidung der Richter
Die Bestimmungen der Vorschrift sind unmissverständlich. Nur Instandhaltungs- und Modernisierungskosten, die innerhalb von drei Jahren ab Anschaffung ohne Umsatzsteuer mehr als 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes betragen, können als anschaffungsnahe Herstellungskosten angesehen werden, jedoch nicht Aufwendungen „vor“ der Anschaffung.
Der Kernpunkt des Streits war…
Ein Ehepaar schloss einen Notarvertrag über den Kauf eines Mehrfamilienhauses ab, wobei der Übergang von Nutzen und Lasten auf den Januar 2013 festgelegt war. Vor dem Nutzen und Lastenübergang einigten sich Verkäufer und Käufer, dass der Käufer bereits Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen vornehmen darf. Als das Finanzamt diese Aufwendungen bei der Prüfung der 15%-Grenze mit einbezog, wertete es sie als anschaffungsnahe Herstellungskosten. Allerdings kippte das BFH diese Ansicht.
Beispiel
Ein Klient kaufte eine Immobilie, die er vermieten möchte. Mit Nebenkosten hat er Gesamtausgaben von 270.000 EUR (davon 150.000 EUR für das Gebäude). Bevor Nutzen und Lasten übertragen wurden, musste der Käufer bereits Instandhaltungs- und Renovierungskosten in Höhe von 67.000 EUR zahlen. In den drei Jahren nach dem Erwerb fallen weitere 50.000 EUR Modernisierungskosten an.
Folge
Der BFH hat entschieden, dass der Käufer die vor der Anschaffung angefallenen Kosten als vorweggenommene Werbungskosten in der Anlage V der Einkommensteuererklärung geltend machen kann. Da die Modernisierungskosten innerhalb von drei Jahren mehr als 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes (50.000 EUR) betragen, handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten, die nur über die Gebäudeabschreibung als Werbungskosten abgesetzt werden können.
Der Finanzamts Antrag auf Nichtzulassungsbeschwerde wurde abgelehnt
Der BFH hat das Berufungsurteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13.11.2019 (2 K 2304/17), in dem es um die Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts ging, mit einem nicht veröffentlichten Beschluss vom 28.4.2020 zurückgewiesen. Dadurch wird deutlich, dass der gesetzliche Wortlaut nicht ausgeweitet werden kann, um vor dem Kauf eines Immobilieneigentums gemachte Modernisierungskosten zu berücksichtigen.
Mögliche Antworten der Mitarbeiter und Kontrolleure der Finanzbehörden
Aufgrund des eindeutigen Urteils des Bundesfinanzhofs müssen die Mitarbeiter und Prüfer der Finanzämter nach Argumenten suchen, um die vor dem Kauf angefallenen Werbungskosten als Herstellungskosten zu bewerten und nur im Rahmen der Gebäudeabschreibung abzusetzen. Folgende Ansätze sind denkbar.
Nicht erfundene, sondern tatsächliche Herstellungskosten
Es muss sichergestellt werden, dass keine Hinweise auf aktivierungspflichtige Herstellungskosten vorliegen, wenn Aufwendungen vor der Anschaffung des Gebäudes getätigt werden, da das Finanzamt möglicherweise nach Anzeichen für originäre Herstellungskosten sucht, wenn sie nicht innerhalb der 15 %-Grenze liegen. Dies wäre der Fall, wenn durch die Maßnahmen ein neues Wirtschaftsgut entsteht, beispielsweise aus einer Wohnung zwei Wohnungen gemacht werden oder ein Treppenhaus erstmalig errichtet wird.
Fertigstellung der Reparatur- und Renovierungsarbeiten nach Anschaffung
Um Probleme mit dem Finanzamt zu vermeiden, sollte sichergestellt werden, dass die Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten abgeschlossen sind, bevor Nutzen und Lasten übergehen. Der Zeitpunkt der Rechnungsstellung und des Zahlungseingangs spielt hierbei keine Rolle.