Chancen, Risiken und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten

Einleitung

Ein Gewinnabführungsvertrag (GAV) zwischen einer Mutter- und Tochtergesellschaft bietet vielfältige Möglichkeiten für die unternehmerische und steuerliche Gestaltung innerhalb eines Konzerns. Insbesondere für GmbHs kann der GAV ein effektives Instrument sein, um Gewinne zu konsolidieren, Verluste auszugleichen und steuerliche Vorteile zu realisieren. Dieser Beitrag beleuchtet die Funktionsweise eines Gewinnabführungsvertrags, die rechtlichen und steuerlichen Aspekte bei Insolvenzen sowie die Möglichkeiten, Zinsaufwendungen aus der Finanzierung des Tochtererwerbs mit den vereinnahmten Gewinnen zu verrechnen.

  1. Funktionsweise eines Gewinnabführungsvertrags zwischen Mutter- und Tochter-GmbH

Ein Gewinnabführungsvertrag ist ein Unternehmensvertrag gemäß §§ 291 ff. AktG, der es einer Muttergesellschaft ermöglicht, die Gewinne einer Tochtergesellschaft vollständig an sich abzuleiten. Obwohl das Aktiengesetz primär für Aktiengesellschaften gilt, können solche Verträge auch zwischen GmbHs geschlossen werden (§ 291 Abs. 3 AktG i.V.m. § 17 Abs. 1 GmbHG).

Wichtige Punkte, die zu beachten sind:

  • Form und Abschluss des Vertrags:
  • Schriftform und notarielle Beurkundung sind erforderlich.
  • Gesellschafterbeschluss mit in der Regel 3/4-Mehrheit.
  • Eintragung ins Handelsregister der Tochtergesellschaft.
  • Mindestlaufzeit:
  • Für die steuerliche Anerkennung mindestens fünf Jahre (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG).
  • Verlustübernahme:
  • Die Muttergesellschaft muss eventuelle Verluste der Tochtergesellschaft ausgleichen (§ 302 AktG analog).
  • Steuerliche Organschaft:
  • Durch den GAV entsteht eine steuerliche Organschaft, bei der Gewinne und Verluste der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet werden.
  • Haftungsfragen:
  • Die Muttergesellschaft haftet für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft gegenüber Gläubigern (§ 303 AktG analog).
  1. Auswirkungen einer Insolvenz auf den Gewinnabführungsvertrag

Insolvenz der Tochtergesellschaft

  • Fortbestand des Vertrags:
  • Der GAV endet nicht automatisch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
  • Der Insolvenzverwalter der Tochtergesellschaft hat nach § 103 InsO das Wahlrecht, den Vertrag zu erfüllen oder abzulehnen.
  • Verlustübernahmepflicht der Muttergesellschaft:
  • Die Muttergesellschaft bleibt verpflichtet, Verluste auszugleichen, die bis zur Beendigung des Vertrags entstanden sind.
  • Diese Verpflichtungen sind Insolvenzforderungen im Verfahren der Tochtergesellschaft.
  • Haftung gegenüber Gläubigern:
  • Die Muttergesellschaft haftet für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft, die während der Vertragslaufzeit entstanden sind.

Insolvenz der Muttergesellschaft

  • Fortbestand des Vertrags:
  • Auch hier endet der GAV nicht automatisch.
  • Der Insolvenzverwalter der Muttergesellschaft kann den Vertrag gemäß § 103 InsO erfüllen oder ablehnen.
  • Risiko für die Tochtergesellschaft:
  • Die Fähigkeit der Muttergesellschaft, Verluste auszugleichen, ist durch die Insolvenz beeinträchtigt.
  • Die Tochtergesellschaft trägt ein erhöhtes finanzielles Risiko.
  • Auswirkungen auf die Gläubiger:
  • Ansprüche der Tochtergesellschaft gegen die Muttergesellschaft werden zu Insolvenzforderungen im Verfahren der Muttergesellschaft.
  1. Finanzierung des Tochtererwerbs und Verrechnung von Zinsaufwendungen

Möglichkeit der Verrechnung

Die Muttergesellschaft kann den Kauf einer Tochtergesellschaft finanzieren und die dabei entstehenden Zinsaufwendungen mit den über den Gewinnabführungsvertrag vereinnahmten Gewinnen der Tochtergesellschaft verrechnen. Dieses Vorgehen ist im Rahmen einer steuerlichen Organschaft möglich und wird oft als “Debt Push-Down” bezeichnet.

Voraussetzungen und Funktionsweise

  • Finanzierung des Erwerbs:
  • Die Muttergesellschaft nimmt ein Darlehen auf, um die Anteile der Tochtergesellschaft zu erwerben.
  • Die Zinsaufwendungen sind bei der Muttergesellschaft Betriebsausgaben.
  • Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags:
  • Durch den GAV fließen die Gewinne der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft.
  • Es entsteht eine steuerliche Organschaft, bei der die Ergebnisse beider Gesellschaften zusammengefasst werden.
  • Verrechnung von Zinsaufwendungen und Gewinnen:
  • Die Zinsaufwendungen können mit den abgeführten Gewinnen verrechnet werden.
  • Dies führt zu einer Reduzierung der Steuerlast auf Konzernebene.

Steuerliche Aspekte und Einschränkungen

  • Zinsschranke (§ 4h EStG):
  • Begrenzung des Zinsabzugs auf 30 % des steuerlichen EBITDA.
  • Freigrenze: Nettozinsaufwand bis zu 3 Mio. Euro pro Jahr ist in der Regel voll abzugsfähig.
  • Escape-Klausel: Unter bestimmten Bedingungen kann die Zinsschranke umgangen werden.
  • Anti-Missbrauchsregelungen:
  • § 8a KStG: Verhinderung von Gewinnverkürzungen durch überhöhte Zinsaufwendungen an nahe stehende Personen.
  • § 42 AO: Gestaltungen, die ausschließlich der Steuervermeidung dienen, können als missbräuchlich eingestuft werden.
  • Verdeckte Gewinnausschüttungen:
  • Bei nicht fremdüblichen Darlehensbedingungen können Zinsaufwendungen steuerlich nicht anerkannt werden.
  • Dokumentationspflichten:
  • Umfassende Dokumentation der wirtschaftlichen Gründe und der Darlehensbedingungen ist erforderlich.
  1. Handlungsempfehlungen

  • Professionelle Beratung:
  • Steuerberater: Zur Prüfung der steuerlichen Gestaltung und Minimierung von Risiken.
  • Rechtsanwalt: Für die rechtssichere Gestaltung des Gewinnabführungsvertrags.
  • Sorgfältige Planung:
  • Wirtschaftliche Analyse der Finanzierung unter Berücksichtigung steuerlicher Effekte.
  • Sicherstellung der Einhaltung aller gesetzlichen Voraussetzungen für die steuerliche Organschaft.
  • Dokumentation und Compliance:
  • Detaillierte Dokumentation der Finanzierung und der Durchführung des GAV.
  • Regelmäßige Überprüfung der Einhaltung der Voraussetzungen.
  • Risikomanagement:
  • Bewertung finanzieller Risiken bei Insolvenz einer der beteiligten Gesellschaften.
  • Anpassung der Geschäftsstrategie zur Sicherung der Liquidität.

Fazit

Ein Gewinnabführungsvertrag zwischen Mutter- und Tochter-GmbH bietet erhebliche Vorteile, insbesondere im Rahmen einer steuerlichen Organschaft. Die Möglichkeit, Zinsaufwendungen aus der Finanzierung des Tochtererwerbs mit den abgeführten Gewinnen zu verrechnen, kann zu erheblichen steuerlichen Einsparungen führen. Allerdings sind hierbei zahlreiche rechtliche und steuerliche Voraussetzungen zu erfüllen, und es bestehen Risiken hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen und bei Insolvenzen.