Nachträgliche Günstigerprüfung: Neue Chancen für Steuerzahler

Viele Steuerpflichtige sind sich nicht bewusst, dass sie ihre Kapitaleinkünfte möglicherweise günstiger versteuern können. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) eröffnet nun zusätzliche Möglichkeiten, selbst wenn der Steuerbescheid bereits rechtskräftig ist.

Was versteht man unter der Günstigerprüfung?

Nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben Sie die Option, Ihre Kapitalerträge nicht pauschal mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 % besteuern zu lassen, sondern sie in die reguläre Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen. Dies kann besonders vorteilhaft sein, wenn Ihr persönlicher Einkommensteuersatz unter 25 % liegt.

Bisherige Praxis der Finanzämter

In der Vergangenheit lehnten Finanzämter häufig nachträgliche Anträge auf Günstigerprüfung ab, insbesondere wenn der Steuerbescheid bereits bestandskräftig war. Gründe für eine verspätete Antragstellung konnten zum Beispiel unerwartete Kapitalerträge oder Änderungen in der Einkommenssituation sein, die zu einem niedrigeren Steuersatz führten.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Mit Urteil vom 14. Juli 2020 (Az. VIII R 6/17) hat der BFH klargestellt, dass Steuerpflichtige einen Antrag auf Günstigerprüfung auch nachträglich stellen können, sofern dies zu einer Steuerermäßigung führt. Der BFH sieht den Antrag als rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) an. Das bedeutet, dass Finanzämter verpflichtet sind, den Steuerbescheid entsprechend zu ändern, auch wenn dieser bereits rechtskräftig ist.

Was bedeutet das für Sie?

Diese Entscheidung ermöglicht es Ihnen, jederzeit einen Antrag auf Günstigerprüfung zu stellen, um von einem niedrigeren Steuersatz zu profitieren. Der BFH betont den sozialen Zweck dieser Regelung: Sie soll verhindern, dass Steuerzahler durch die pauschale Abgeltungsteuer benachteiligt werden.

Fazit

Die nachträgliche Günstigerprüfung bietet eine wertvolle Gelegenheit, Ihre Steuerlast zu optimieren. Wir empfehlen Ihnen, Ihre individuelle Situation zu überprüfen und gegebenenfalls einen Antrag zu stellen.

Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Bei konkreten Fragen stehen wir Ihnen gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Sollten rechtliche Fragen außerhalb des Steuerrechts auftreten, vermitteln wir Ihnen vertrauenswürdige Kolleginnen und Kollegen aus unserem langjährigen Anwaltsnetzwerk.

 

Klicken Sie hier, um zu anderen interessanten Blogbeiträgen zu gelangen!