Steuerliche Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen:
Was Sie wissen müssen!
Die Finanzverwaltung hat ihre Auffassung zur steuerlichen Anerkennung von inkongruenten Gewinnausschüttungen angepasst und folgt damit teilweise der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).
Was ist eine inkongruente Gewinnausschüttung?
Inkongruente Gewinnausschüttungen liegen vor, wenn der Gewinn einer Gesellschaft nicht gemäß dem Beteiligungsverhältnis (Anteil am Grund- oder Stammkapital) ausgeschüttet wird, sondern nach einem abweichenden Verteilungsschlüssel.
Bisherige Regelungen
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hatte bisher festgelegt, dass inkongruente Gewinnausschüttungen bei einer GmbH nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn der Gesellschaftsvertrag gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG eine abweichende Gewinnverteilung vorsieht. Alternativ konnte eine Klausel in der Satzung ausreichen, die eine abweichende Gewinnverteilung durch einstimmigen oder zustimmenden Beschluss der betroffenen Gesellschafter erlaubt.
Neue Rechtsprechung des BFH
Der BFH entschied am 28.09.2022 (VIII R 20/20), dass auch ein punktuell die Satzung durchbrechender Beschluss über eine inkongruente Ausschüttung zivilrechtlich wirksam und somit steuerlich anerkennbar ist, wenn er einstimmig von der Gesellschafterversammlung beschlossen wurde und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann.
Aktualisierte Auffassung der Finanzverwaltung
Das BMF hat seine Rechtsauffassung nun der BFH-Entscheidung angepasst. Inkongruente Gewinnausschüttungen sind steuerlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind. Bei einer GmbH werden insbesondere die folgenden Fallgruppen anerkannt:
- Abweichende Regelung der Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag und die Ausschüttung erfolgt entsprechend dieser Regelung.
- Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag, die abweichende Gewinnverteilungen erlaubt, wenn die beeinträchtigten Gesellschafter zustimmen.
- Punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss für eine Vorabausschüttung.
- Gespaltene Gewinnverwendung mit zeitlich inkongruenter Ausschüttung, wobei Gewinne thesauriert und nur die Gewinne der Minderheitsgesellschafter ausgeschüttet werden.
Besonderheiten bei Aktiengesellschaften (AG)
Bei einer AG sind inkongruente Gewinnausschüttungen nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn die Satzung gemäß § 60 Abs. 3 AktG einen abweichenden Verteilungsschlüssel festlegt, der von der üblichen Verteilung nach Anteilen am Grundkapital abweicht und die Ausschüttung diesem Schlüssel entspricht. Inkongruente Ausschüttungen aufgrund einer Öffnungsklausel oder eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses werden bei AGs steuerlich nicht anerkannt.
Diese neuen Anweisungen sind für alle noch offenen Fälle bindend und für die Finanzämter verbindlich. (BMF, Schreiben vom 4.9.2024, IV C 2 – S 2742/19/10004 :003)
Diese Anpassungen können erheblichen Einfluss auf die steuerliche Planung und Ausschüttungspolitik in Unternehmen haben. Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater, um die Auswirkungen auf Ihre individuelle Situation zu klären.