Einleitung:

Für GmbH-Geschäftsführer und Gesellschafter, die ihren steuerlichen Wohnsitz aus Deutschland ins Ausland verlegen möchten, ist die Wegzugsbesteuerung ein wichtiges Thema. In diesem Beitrag erläutern wir, was Wegzugsbesteuerung ist, wie stille Reserven berechnet werden und zeigen dies an einem Beispiel auf.

Was ist die Wegzugsbesteuerung?

Die Wegzugsbesteuerung ist eine Regelung im deutschen Einkommensteuergesetz (§ 6 AStG), die darauf abzielt, die Besteuerung von stillen Reserven bei der Verlagerung des steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland sicherzustellen. Stille Reserven sind im Wesentlichen nicht realisierte Wertsteigerungen von Vermögenswerten, wie z.B. Anteile an Kapitalgesellschaften (wie einer GmbH).

Ermittlung der stillen Reserven von GmbH-Geschäftsanteilen

Die stillen Reserven werden als Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile (gemeiner Wert) und deren Anschaffungskosten ermittelt. Um den gemeinen Wert der GmbH-Geschäftsanteile zu ermitteln, können verschiedene Bewertungsmethoden herangezogen werden, wie z.B. das Ertragswertverfahren, das Substanzwertverfahren oder das Discounted-Cashflow-Verfahren.

Beispiel: Berechnung der stillen Reserven im Rahmen des Ertragswertverfahrens

Angenommen, eine GmbH hat einen durchschnittlichen Gewinn von 300.000 € pro Jahr erzielt, und der einzige Gesellschafter-Geschäftsführer bezieht ein übliches Gehalt von 120.000 € pro Jahr. Die Anschaffungskosten der 100 % Geschäftsanteile betragen 25.000 €.

Zunächst berechnen wir den bereinigten Gewinn der GmbH:

Bereinigter Gewinn = Durchschnittlicher Gewinn – Gehalt des Gesellschafters-Geschäftsführers Bereinigter Gewinn = 300.000 € – 120.000 € = 180.000 €

Angenommen, der Kapitalisierungszinssatz liegt bei 10 %. Der Ertragswert der GmbH kann dann wie folgt berechnet werden:

Ertragswert = (Bereinigter Gewinn / Kapitalisierungszinssatz) Ertragswert = (180.000 € / 0,1) = 1.800.000 €

Die stillen Reserven der Geschäftsanteile ergeben sich aus der Differenz zwischen dem Ertragswert und den Anschaffungskosten:

Stille Reserven = Ertragswert – Anschaffungskosten = 1.800.000 € – 25.000 € = 1.775.000 €

In diesem angepassten Beispiel belaufen sich die stillen Reserven der 100 % Geschäftsanteile auf 1.775.000 €. Wenn der Gesellschafter seinen steuerlichen Wohnsitz aus Deutschland in ein anderes Land verlegt, würde die Wegzugsbesteuerung auf diese stillen Reserven Anwendung finden.

 

Möglichkeiten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung:

 

  1. Verbleib im Inland:
    Eine Möglichkeit, die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden, besteht darin, Ihren steuerlichen Wohnsitz in Deutschland beizubehalten, selbst wenn Sie ins Ausland ziehen. Sie könnten weiterhin als steuerlich ansässig in Deutschland gemeldet sein und Ihre steuerlichen Pflichten erfüllen, obwohl Sie möglicherweise zusätzliche steuerliche Verpflichtungen im Zielland haben.
  2. Realisierung der stillen Reserven vor dem Wegzug:
    Eine andere Möglichkeit besteht darin, die stillen Reserven der Geschäftsanteile vor dem Wegzug zu realisieren, indem Sie die Anteile verkaufen oder anderweitig übertragen. Dadurch wird der Wertzuwachs besteuert, bevor die Wegzugsbesteuerung zur Anwendung kommt. Allerdings ist zu beachten, dass dadurch möglicherweise andere Steuern, wie etwa die Abgeltungssteuer, anfallen.
  3. Ratenzahlung der Wegzugsbesteuerung:
    In einigen Fällen kann es sein, die Steuerlast aus der Wegzugsbesteuerung über einen längeren Zeitraum zu verteilen. Gemäß § 6 Abs. 5 AStG kann der Steuerpflichtige unter bestimmten Voraussetzungen eine Stundung der Steuer beantragen. Dies könnte helfen, die finanzielle Belastung der Wegzugsbesteuerung abzumildern.
  4. Einbringung der operativen Kapitalgesellschaft (inklusive Holding GmbH) in eine Familienstiftung
    https://steuerberater-schupp.de/stiftungen/
  5. Einbringung der operativen Kapitalgesellschaft (inklusive Holding GmbH) in eine Personengesellschaft
    (Doppelstöckige Holding)

 

  1. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) beachten:
    Deutschland hat mit vielen Ländern Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, die Regelungen zur Vermeidung der doppelten Besteuerung enthalten. In einigen Fällen kann ein DBA dazu führen, dass die Wegzugsbesteuerung reduziert oder verrechnet wird. Es ist wichtig, sich über die Bestimmungen des DBA zwischen Deutschland und dem Zielland zu informieren, um mögliche steuerliche Vorteile auszuschöpfen.

 

 

Nachfolgend ein paar Beispiele:

  1. Stand meiner Informationen im September 2021 gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), zu denen auch Dubai gehört. Daher können keine spezifischen Regelungen aus einem solchen Abkommen zur Wegzugsbesteuerung für einen deutschen GmbH-Gesellschafter herangezogen werden. Es ist wichtig zu beachten, dass die VAE in der Regel keine Einkommensteuer auf persönliche Einkünfte erheben. Dennoch hat die Wegzugsbesteuerung in Deutschland weiterhin Bestand, da sie auf den stillen Reserven von GmbH-Geschäftsanteilen basiert und unabhängig von der Steuerregelung im Zielland angewendet wird.
  2. Die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) wird international nur von der Türkei anerkannt und gilt als von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannter Staat. Daher hat Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Nordzypern abgeschlossen. Da kein DBA zwischen Deutschland und Nordzypern besteht, gibt es keine spezifischen Regelungen, die die Wegzugsbesteuerung
  3. Es gibt ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und der Republik Zypern, also dem südlichen, griechisch geprägten Teil der Insel. Dieses Abkommen wurde zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geschlossen und kann auch Regelungen enthalten, die sich auf die Wegzugsbesteuerung auswirken.
    Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jedes DBA unterschiedliche Bestimmungen enthält und eine detaillierte Analyse der spezifischen Regelungen erforderlich ist, um festzustellen, ob und wie sich das DBA auf die Wegzugsbesteuerung eines deutschen GmbH-Gesellschafters auswirkt. In vielen Fällen können DBAs dazu führen, dass die Wegzugsbesteuerung reduziert oder verrechnet wird. Dennoch hängen die genauen Auswirkungen von der individuellen Situation des Gesellschafters und den jeweiligen Regelungen im DBA ab.